Einen Tag vor dem ersten Advent machten sich 28 Seniorinnen und Senioren des Sander-Stifts auf eine Reise in die Vergangenheit und besuchten das Augsburger Textil- und Industriemuseum. „Auf eigene Faust könnten viele nicht mehr einen Museumsbesuch durchführen“, berichtet Sozialpädagoge Norbert Petrausch, der für das Pflegeheim in Oberhausen Konzepte entwickelt, die abwechslungsreich sind und im persönlichen Interessensfeld der Senioren liegen.
Bei der Idee das „tim“ zu besuchen, kamen sofort zahlreiche Anmeldungen. Denn viele Bewohner des Pflegeheims kennen die Kammgarnspinnerei, entweder weil sie selber dort gearbeitet haben oder weil Verwandte und Freunde hier tätig waren. So wie die 65-jährige Christine Hafner, die dort ab dem 16. Lebensjahr sechs Jahre in der Stoffabteilung arbeitete. „Den Standort nach fast 50 Jahren als Museum zu erleben, ohne die laut ratternde Geräuschkulisse des Maschinenparks der Webstühle, ist ungewohnt“, sagt die Augsburgerin.
Petrausch schätzt, dass ungefähr jeder sechste Bewohner aus dem Sander-Stift in seinem Leben mit der Kammgarnspinnerei im Augsburger Textilviertel durch Familie, Freunde oder dem eigenen Erwerbsleben in Berührung gekommen ist. Zudem hatte das Sander-Stift in Gesprächen festgestellt, dass die Entwicklung des Spinnens, Webens und Bedruckens von Stoffen viele Senioren bis zum heutigen Tag begeistert.
„Wer hier als älterer Mitbürger herkommt, begibt sich auf eine spannende Zeitreise auch seiner eigenen Biografie“, bestätigt Kirsten Meisinger, die im Lions Club Augsburg-Elias Holl für den Bereich „Activities“ verantwortlich ist. Die junge Frau schmiedet mit ihren Kollegen immer wieder Ideen für Charity-Aktivitäten. 2017 entstand zwischen dem städtischen Pflegeheim in Oberhausen und dem renommierten Augsburger Club ein Kontakt, den beide Seiten spannend finden. „Dort, wo für uns manchmal Grenzen der Machbarkeit sind, beispielsweise mit 28 Senioren im Rollstuhl einen Ausflug zu machen, unterstützen uns die Mitglieder des Lions Club Augsburg-Elias Holl“, berichtet Petrausch.
Ursprünglich sollten alle Ausflügler, die auf einen Transport in einem Rollstuhl angewiesen sind, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in das Textilmuseum begleitet fahren. Dank des Clubs und einem Spezialreisebus aus einem Augsburger Unternehmen wurde der Transport bequem möglich und alle Senioren hatten mit Ehrenamtlichen, Mitarbeitern des Sander-Stifts und Clubmitgliedern einen persönlichen Ansprechpartner an ihrer Seite, der den Rollstuhl schob.
Für Clubmitglied Eva Funke und ihren 17-jährigen Sohn ist der Ausflug in das Textilmuseum ein wichtiger persönlicher Beitrag, um älteren Augsburgern eine Teilhabe am kulturellen Leben zu ermöglichen. „Die Freude in den Augen der Senioren zu sehen, ist für unsere Mitglieder die größte Motivation“ bestätigt Kirsten Meisinger und ergänzt „Vor allem wenn es gelingt, mit der Rückschau in die Augsburger Vergangenheit einen positiven Blick auf das „Hier und Jetzt“ der Senioren auszulösen.“